Hat Ihnen bei der Bearbeitung einer Aufgabe schon einmal zu sehr der Kopf geraucht? Oder haben Sie sich schon einmal gefragt, was diese eine Grafik nun mit dem eigentlichen Lerngegenstand zu tun haben soll? Mit welchem Medium lernen Sie am liebsten? Und lernen Sie damit am liebsten, weil der Lernerfolg damit wirklich am höchsten ist, oder aber das Lernen sich am wenigsten anstrengend anfühlt?
All diese Fragen stehen in unmittelbaren Zusammenhang mit unserem Arbeitsgedächtnis. In diesem Artikel stellen wir Ihnen u.a. die Theorien der kognitiven Belastung und der mentalen Anstrengung vor, die Ihnen helfen können, Lernende im Lernprozess besser zu unterstützen.
Unser Langzeitgedächtnis kann Wissen in nahezu unbegrenztem Umfang speichern. Damit neues Wissen aber dort ankommt und mit vorhandenem Wissen verknüpft werden kann, muss alle aufgenommene Information zunächst im Arbeitsgedächtnis passend verarbeitet werden.
Im Gegensatz zum Langzeitgedächtnis ist die Kapazität unseres Arbeitsgedächtnisses allerdings stark begrenzt. Gerade einmal um die fünf Elemente können wir zeitgleich verarbeiten. Was genau als ein Element zählt, hängt dabei stark von der Expertise einer Person ab. Je öfter wir uns mit einem Gegenstand beschäftigen, desto eher können wir größere Sinneinheiten bilden und somit „mehr“ Informationen im Arbeitsgedächtnis verarbeiten.
Beim Lernen sollte unser Arbeitsgedächtnis idealerweise nicht überfordert werden. Die Theorie der kognitiven Beanspruchung unterscheidet hier zwischen drei verschiedenen Arten der Beanspruchung unseres Arbeitsgedächtnisses.
Aufgabeninduzierte Beanspruchung
Je mehr Elemente wir gleichzeitig im Arbeitsgedächtnis halten müssen, um eine Aufgabe zu bearbeiten, desto mehr wird dieses belastet.
Beanspruchung durch den Lernprozess
Das neue Wissen wird mit vorhandenem im Langzeitgedächtnis verknüpft. Dazu müssen wir u.a. die Aufmerksamkeit aktiv auf den Lerninhalt richten und die vorhandenen Informationen passend auswerten.
Sachfremde Beanspruchung
Texte oder Grafiken, die nur die Funktion haben die Darstellung des Lerninhalts auszuschmücken, können den Lernvorgang unnötig erschweren. Sind Elemente für das Verständnis oder die Aneignung des Lerninhalts irrelevant, müssen wir diese aktiv ausblenden. Dadurch wird unser Arbeitsgedächtnis unnötig belastet.
Wie sehr unser Arbeitsgedächtnis ausgelastet ist, hängt allerdings nicht ausschließlich vom Lerninhalt und dessen Gestaltung ab. Es ist ebenfalls relevant wie lange und intensiv wir unsere Aufmerksamkeit auf einen Lerninhalt richten.
Zum Teil können wir die Auslastung unseres Arbeitsgedächtnisses auch selbst steuern. Beim Lesen eines längeren Textes kommt es beispielsweise vor, dass die Lesegeschwindigkeit an die Auslastung angepasst wird.
Ob wir jedoch überhaupt bereit sind Aufmerksamkeit und Anstrengung in einen Lerngegenstand zu investieren, hängt auch von unserer Motivation ab. Dabei spielen vor allem zwei Faktoren eine Rolle:
Eng damit verbunden ist die eigene Selbstwirksamkeitserwartung. Diese beschreibt die Erwartung, durch das eigene Handeln Ergebnisse hervorrufen zu können.
Aber auch das Medium selbst hat Einfluss auf unsere Bereitschaft, unsere Aufmerksamkeit auf den Lerninhalt zu richten. So werden Medien bestimmte Erwartungen entgegengebracht. Beispielsweise wird beim Lernen mit einer Fernsehsendung tendenziell weniger Anstrengung investiert als beim Lesen der gleichen Informationen in einem Lehrbuch. Demnach ruft auch das Lernmedium gewisse Erwartungen in uns hervor:
Um Lernende bestmöglich im Lernprozess zu unterstützen, sollten wir bei der Gestaltung von Lernangeboten die kognitive Belastung und mentale Anstrengung unseres Arbeitsgedächtnisses im Hinterkopf behalten.
Idealerweise wird das Arbeitsgedächtnis durch das Lernangebot nicht über- oder unterfordert. Dabei sollte vor allem auf die Vorkenntnisse der Lernenden Rücksicht genommen werden. Themen könnten Schritt für Schritt eingeführt und durch regelmäßige Rückmeldungen an die Lernenden unterstützt werden. Grafiken und Lerninhalte sollten zudem auf das Wesentliche reduziert werden, um bei Lernenden besser im Gedächtnis zu bleiben.
Das Lernmedium sollte zudem nicht die Botschaft vermitteln, dass Lernen damit besonders einfach sei. Dadurch kann die Gefahr bestehen, dass Lernende ihre Aufmerksamkeit reduzieren und glauben, sich nicht allzu sehr anstrengen zu müssen.
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Quelle: Kerres, Michael (2024): Mediendidaktik. 6.Auflage. De Gruyter (Oldenburg).
Dr. Moritz Schulz,
Geschäftsführer