Im Prozess des Lernens spielen viele verschiedene Faktoren eine Rolle. Um Lernen zuverlässig anzuregen, ist es unerlässlich aus einem Lerninhalt ein Lernangebot zu machen. Oder anders ausgedrückt: Dass Lerninhalte didaktisiert werden. Doch was ist damit gemeint?
Lerninhalte sind zunächst einmal genau das: Inhalte. Im Rahmen der Didaktisierung werden diese Inhalte durch eine Lehrperson bearbeitet und u.a. an ein übergeordnetes Lehrziel angepasst. So kann beispielsweise ein Text um unwesentliche Textpassagen gekürzt werden. Möglicherweise werden Bilder zu dem Text ergänzt. Vielleicht wird der Text in eine komplett neue Darstellungsart überführt und die Informationen in Form eines Videos dargestellt. Oder aber die Lernenden sollen sich die Informationen im Rahmen einer Gruppenarbeit aneignen und sich austauschen.
Der Lerninhalt wird demnach nicht in seiner Rohfassung übernommen, sondern im Hinblick auf Lehrziel, Lernende, äußere Umstände, vorhandenes Material und weitere didaktische Überlegungen verändert. Ein Lernangebot ist entstanden.
Diese Veränderung des Lerninhalts als „Angebot“ zu bezeichnen, geht auf die Vorstellung des Lehrens als didaktische Aufbereitung zurück. Sie steht im Kontrast zu der Vorstellung des Lehrens als Wissensübertragung. Ein Unterschied, den wir nun genauer betrachten wollen.
Die Vorstellung davon wie Lehren und Lernen „funktioniert“ bzw. miteinander zusammenhängt, hat sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte immer wieder gewandelt.
Weit verbreitet war die Vorstellung, dass Lehren eine Art „Wissensübertragung“ des Lehrenden an die Lernenden sei. Diese Vorstellung wird auch als „Abbildungstheorie des Wissens“ bezeichnet.
Konkret vertritt diese Vorstellung die Auffassung, dass Wissen des Lehrenden durch Sprache oder über ein Medium auf die Lernenden übertragen werden kann, solange diese hinreichend aufmerksam sind. Diese Vorstellung orientiert sich an dem „Lernprozess“ von Computern. Daher kann sie den komplexen Vorgängen, die zum Teil beim Lehren und Lernen des Menschen zusammentreffen, nicht hinreichend gerecht werden bzw. diese Vorgänge widerspiegeln.
Die Vorstellung von Lehren als didaktische Aufbereitung vertritt die Auffassung, dass ein Medium kein Wissen transportieren, sondern Lernprozesse nur anregen kann. Anders gesagt: Ein Medium kann lediglich ein Angebot zum Lernen sein. Ob dieses Angebot angenommen wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Um dieses Angebot so verlockend wie möglich zu machen, ist eine entsprechende Didaktisierung der Lerninhalte notwendig. Eng damit verbunden ist die Frage unter welchen Bedingungen diese Angebote dann auch zu Lernerfolgen führen.
Im Bereich des digitalen Lernens sind besonders die Methoden der Exposition und Exploration untersucht worden. Diese stehen im Zusammenhang mit einer weiteren Frage: Zu welchem Grad sollte Lernen selbst- oder fremdbestimmt sein?
Jeder dieser Methoden werden wir einen eigenen Beitrag auf unserem Blog widmen und nach Veröffentlichung an dieser Stelle verlinken.
Hier geht es zum Beitrag “Expositorisches Lernen”.
Hier geht es zum Beitrag “Exploratives Lernen”.
Lehr-Lernszenarien unterscheiden sich aus didaktischer Sicht vor allem darin, inwiefern selbstständiges Lernen unterstützt oder aber das Lernen durch Fremdsteuerung strukturiert und vorgegeben wird.
Da Lernen keine passive Aktivität ist, ist ein gewisser Grad von Selbststeuerung immer vorhanden bzw. notwendig. Sei es, dass Lernende die Aufmerksamkeit bewusst auf den Lerngegenstand richten oder aber auch die eigene Motivation aufrechterhalten.
Fremdsteuerung passiert beispielsweise durch die Vorauswahl des Lehrmaterials oder aber auch durch vorgegebene Lernpfade, bei denen die Reihenfolge der Bearbeitung festgelegt ist.
Im Bereich der Erziehungswissenschaften werden Selbst- und Fremdsteuerung kontrovers diskutiert. Zum einen kann sich die Frage gestellt werden, ob durch Fremdsteuerung nicht eine Bevormundung der Lernenden passiert und diese dadurch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung behindert werden. Auf der anderen Seite steht die Frage, wieso Lernende sich selbst überlassen werden sollten, wo es doch Erkenntnisse über die gute oder weniger gute Eignung bestimmter Lernpfade gibt.
Seitens der Bildungstheorie wird betont, dass selbstgesteuertes Lernen für die Persönlichkeitsentwicklung von großer Bedeutung ist. Gleichzeitig wird befürchtet, dass eine kybernetische Regulation von Lernprozessen Bildung nicht fördern, sondern unterbinden würde. Jedoch wird auch angemerkt, dass es durchaus Lernszenarien gibt, die auf eine Fremdsteuerung angewiesen sind. Als Beispiel werden das Lernen des Fahrradfahrens oder auch das Erlernen handwerklicher Routinen genannt.
Damit Lerninhalt für uns überhaupt interessant werden, ist eine Didaktisierung dieser nahezu unerlässlich. Jedoch kann bei zu viel Fremdsteuerung im Lernprozess schnell das Gefühl einer Bevormundung entstehen. Für eine umfassende Entwicklung der eigenen Persönlichkeit spielt zudem die Selbststeuerung beim Lernen eine entscheidende Rolle. Jedoch kann zu viel Freiheit hier auch zu Überforderung und letztlich auch Motivationsverlust führen. Um die besten Lernerfolge zu erzielen, sollte daher ein gesunder Mix aus Selbst- und Fremdsteuerung zusammengestellt werden. Hier gibt es jedoch keine „one fits all“ Zusammenstellung. Passen Sie also idealerweise Ihr Lernangebot an Ihre spezifische Zielgruppe, Ihr vorher festgelegtes Lehrziel, vorhandene Materialien, zu nutzende Medien, sowie weitere für Ihr Lernszenario relevante Faktoren und äußere Umstände an.
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Quellen:
Dr. Moritz Schulz,
Geschäftsführer